Wichtig für den weiteren Verlauf des Seminars war es nun den Begriff der „Lügenpresse“ zu historisieren. Dabei bleibt klar festzuhalten, dass der Begriff der „Lügenpresse“ bei weitem nicht erst im 21. Jahrhundert in den Sprachduktus eingeführt wurde. Der Ausdruck manifestierte sich bereits innerhalb der antisemitischen Bewegung im Wien des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Verwendung des Terminus zog sich ab diesem Zeitpunkt durch die deutsche Geschichte. Besonders während der Weimarer Republik wurde die „Lügenpresse“ oftmals für Angriffe von rechts auf das Staatssystem eingesetzt und auch während der NS-Zeit wurde der Begriff von den Nationalsozialisten weitreichend verwendet. Ebenfalls sei jedoch erwähnt, dass nicht nur die politische Rechte, sondern teilweise auch die Linke auf den Terminus zurückgriffen. So ist beispielsweise in der DDR eine vermehrte Verwendung aufzuzeigen.
Abseits der Geschichte der „Lügenpresse“ wurde im Folgenden die Frage gestellt auf welche Art und Weise Medien sinnvoll kritisiert werden könnten. Während viele der Teilnehmer vor allem auf die sozialen Netzwerke zur Erweiterung des Meinungsbildungsprozesses verwiesen, sollte die Diskussion hier jedoch vorerst auf die klassischen Medien beschränkt werden. Es kristallisierte sich heraus, dass es wichtig ist sich stets bewusst zu machen, dass die Journalisten immer mit einer Intention den jeweiligen Zugang zum behandelten Thema wählen, um es möglichst erfolgreich zu vermitteln. Weiterhin kam der moderne Sensationalismus zur Sprache, welcher sich vor allem auf Einschaltquoten oder Leserzahlen fokussiert und Beiträge teils unnötig aufbauscht und die Themen dementsprechend wählt. Ebenso wurde hervorgehoben, dass eine pauschale Medienschelte nicht der richtige Ansatz sei, da die Medien trotz Auflagenzahlen und Einschaltquoten ihre eigenen Logiken haben und im Optimalfall zwischen Kommentaren und Leitartikeln mit politischer Tendenz und nüchternem Bericht unterscheiden und diese Unterschiede auch kenntlich machen.
Letzter zentraler Punkt des Blocks war es jedoch, klarzumachen, dass die Medien ein zentraler Bestandteil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung darstellen. Es wurde darauf hingewiesen, dass von Watergate bis heute die meisten regionalen, nationalen oder globalen Nachrichten an uns vorbeigehen würden, wenn wir nicht die Möglichkeit hätten auf Zeitungen und Fernsehen zuzugreifen. Ein Teilnehmer des Seminars sagte es aber wohl am passendsten:
„Man darf sich nicht nur auf ein Medium verlassen (…), man darf nicht sagen: Ich beschränke mich“